Schwerpunkte + Methoden

Behandlung von Knorpelschäden

Ein Schwerpunkt der Abteilung für Unfall- und arthroskopische Chirurgie ist die operative Behandlung von Schäden am Gelenkknorpel. Wichtig ist hierbei die strenge Unterscheidung zwischen den Begriffen "Arthrose" und "Knorpelschaden", die im laienhaften Sprachgebrauch oft identisch verwendet werden.

Eine Arthrose stellt eine entzündliche Verschleiß-Reaktion des gesamten Gelenkes dar: Gelenkschleimhaut, Gelenkkapsel, Gelenkknorpel und der Knochen zeigen eine Verschleißumformung. Oft ist das betroffene Gelenk dabei entzündet (geschwollen, überwärmt und eben schmerzhaft). Eine operative Knorpelbehandlung kommt bei der Arthrose nicht mehr in Frage. In diesen Fällen sind die nicht-operativen Behandlungsstrategien auszureizen. Wenn diese keine Linderung mehr bringen hilft ein künstliches Gelenk.

Liegt aber nur ein Knorpelschaden vor und der Rest des betroffenen Gelenkes zeigt noch keine allgemeine (entzündliche) Verschleiß-Reaktion kommt eine operative Behandlung der Schädigung am Gelenkknorpel in Betracht.

Am häufigsten finden Knorpel-Operationen am Kniegelenk statt. Aber auch am Sprunggelenk, an der Hüfte und an der Schulter sind sie inzwischen Routine. Sämtliche verfügbaren Knorpeltherapien kommen in der Abteilung für Unfall- und arthroskopische Chirurgie zur Anwendung.

Welches Knorpel-Verfahren zum Einsatz kommt hängt von vielen individuellen Faktoren ab. In erster Linie sind die Lage und die Größe des Knorpelschadens zu berücksichtigen; aber auch die Beschaffenheit des darunter liegenden Knochens und mögliche Begleitverletzungen spielen eine Rolle. Die Auswahl des Knorpel-Verfahrens ist Bestandteil des Beratungsgespräches in der Spezial-Sprechstunde.

 

 

Exemplarisch sollen die 4 gängigsten Verfahren zur Behandlung von Knorpelschäden genauer vorgestellt werden:

Mikrofrakturierung

Die Mikrofrakturierung kann im Rahmen einer Gelenkspiegelung (Arthroskopie) durchgeführt werden.

Der defekte/geschädigte Knorpel wird gründlich bis auf den darunter liegenden Knochen entfernt. Mit einem speziellen Nagel wird anschließend das knöcherne Fundament punktuell eröffnet. Dadurch kann Blut aus dem Knochen in den Knorpeldefekt einströmen. Dieses "Knochenmarks-Blut" ist reich an Stammzellen und Wachstumsfaktoren und ist in der Lage, sich in einen Narbenknorpel umzuwandeln.

Damit dies gelingt, darf das betroffene Gelenk in der Regel für einen Zeitraum von 6-8 Wochen nicht voll belastet werden und der Einsatz von Gehstützen ist erforderlich. Lastfreie Bewegungsübungen sind für die Ausbildung eines stabilen Narbenknorpels förderlich. Nach einer Mikrofrakturierung entsteht ein sog. "Faserknorpel". Dieser hat eine solide mechanische Belastbarkeit. Identische Eigenschaften, wie der ursprüngliche Gelenkknorpel, hat er aber nicht.

Knorpelzell-Transplantation (Verpflanzung von körpereigenen Knorpelzellen, autologe Chondrozyten Transplantation)

Die Verpflanzung von körpereigenen Knorpelzellen erfordert 2 Operationen. Im Rahmen einer Gelenkspiegelung (Arthroskopie) wird die Schädigung des Gelenkknorpels exakt inspiziert. Bestätigt sich die Notwendigkeit einer Verpflanzung von Knorpelzellen wird direkt vom Rand aus einem nicht belasteten Knorpelareal eine kleine Gewebeprobe entnommen. Dieses Knorpelgewebe wird nach der Operation per Kurierdienst in ein Speziallabor versendet. Dort findet eine Vermehrung der Knorpelzellen statt. In der Regel kann 3-7 Wochen später die Rückverpflanzung der angereicherten eigenen Knorpelzellen erfolgen. Dies geschieht zumeist im Rahmen einer offenen Gelenk-Operation während eines kurzen stationären Aufenthaltes.

Die Weiterbehandlung nach der Rückverpflanzung der Knorpelzellen erfordert für einen Zeitraum von 6-8 Wochen eine Teilbelastung des operierten Gelenkes unter Einsatz von Unterarmgehstützen. Genau wie bei der Mikrofrakturierung auch fördern lastfreie Bewegungsübungen die Ausreifung der verpflanzten Zellen zu einem stabilen Knorpel. Feingewebliche Untersuchungen nach körpereigener Knorpelzellverpflanzung zeigen in dem neuen Knorpelgewebe ähnliche Merkmale wie in dem ursprünglichen Gelenkknorpel. Eine identische Architektur hat das ausgereifte Knorpel-Regenerat aber nicht.

Knorpel-Knochen-Transplantation (auch OATS: Osteochondrales Autologes Transplantationssystem)

Wie der Name schon vorgibt, wird hierbei sowohl Knorpel-, als auch das direkt darunter liegende und anhaftende Knochengewebe verpflanzt. Die Entnahme erfolgt randständig, oft in Bauchlage von den hintersten Anteilen der Oberschenkelrolle am Kniegelenk. Mit einem speziellen Instrumentarium, welches einer Hohlfräse ähnelt, werden Knorpel-Knochen-Zylinder entnommen. Diese können dann passgenau in den Defekt eingesetzt werden. Dieses Verfahren bietet sich insbesondere dann an, wenn eine Schädigung in der Hauptbelastungszone der Gelenkfläche nicht nur den Knorpel betrifft, sondern auch den direkt darunter liegenden Knochen (typisches Beispiel hierfür ist die sog. Osteochondrosis dissecans).

Als einziges Knorpelverfahren führt die Knorpel-Knochen-Transplantation zu einer Deckung/Rekonstruktion des Defektes mit "echtem" Gelenkknorpel. Auch nach einer Knorpel-Knochen-Transplantation muss anfangs über 2-6 Wochen eine Teilbelastung eingehalten werden, die individuell durch den Operateur festgelegt wird. Unsere Physiotherapeuten auf den Stationen setzen den korrekten Einsatz der Gehstützen gemeinsam mit dem Patienten um.

Minced Cartilage

Beim von uns angewandten Minced Cartilage-Verfahren ("zerkleinerter Knorpel") können vitale Knorpelzellen aus dem Knie entnommen und in der gleichen Operation wieder replantiert werden. Hierdurch lassen sich dafür geeignete Knorpelschäden schnell und schonend behandeln. Um den Knorpel aufzubereiten, wird er im ersten Teil der arthroskopisch durchgeführten Operation aus einem noch intakten Bereich entnommen und abgesaugt. Anschließend wird der Knorpel in einer speziellen Vorrichtung zerkleinert, aufbereitet und zusammen mit einer körpereigenen Trägerflüssigkeit wieder in den Defekt eingebracht und versiegelt.

Der große Vorteil dieses Verfahrens besteht darin, dass ausschließlich lebende, patienteneigene Knorpelzellen benutzt werden. Auch die Trägerflüssigkeit ist aus körpereigenen Zellen hergestellt, wodurch der Einsatz von künstlich hergestellten Fremdstoffen vollständig vermieden werden kann.

Die postoperative Nachbehandlung beinhaltet eine 4-6-wöchige Teilbelastung an Gehstützen und physiotherapeutische Behandlung. Nach etwa 6 Wochen ist die neugebildete Knorpelschicht in der Regel so weit gefestigt, dass der Patient zügig wieder zur Vollbelastung übergehen und Sport treiben kann.